‘Harte Arbeit, karger Lohn‘? Oder: Bedarf es eines Handbuchs zur elektronischen Schriftgutverwaltung? Vom Sinn und Zweck eines (noch) nicht verwirklichten Projekts im Kontext der elektronischen Behördenberatung

16. März 2022 : 10:05 - 10:30

Benedikt Nientied (Landesarchiv Nordhrein-Westfalen), Martin Schlemmer (Landesarchiv Nordhrein-Westfalen)

Veranstaltungsraum: Camp 6

Immer mehr Archivverwaltungen machen die Erfahrung, dass die elektronische Schriftgutverwaltung bei den von Ihnen betreuten Schriftgutproduzenten in zunehmenden Maße von der Theorie zur Wirklichkeit wird. Der für viele zunächst doch recht abstrakte Begriff des E-Government nimmt mehr und mehr Gestalt an. Die elektronische Aktenführung ist für immer mehr Beschäftigte Realität oder nahe Zukunft. Entsprechend gestiegen ist der Beratungsbedarf auf Verwaltungs- bzw. Behördenseite und – damit einhergehend – der Einsatz von Mitteln und Personal auf dem Feld der elektronischen Behördenberatung seitens der Archive.

Viele Archivverwaltungen des öffentlichen Sektors haben sich bereits eingehender mit der Aufgabe der (elektronischen) Behördenberatung befasst und mitunter in recht beträchtlichem Umfang Ressourcen in diesen Bereich einfließen lassen. Von der Mitarbeit an respektive der Erstellung von Handreichungen und Standards über das Erarbeiten von Glossaren bis hin zur Produktion von Videotutorials und E-Learning-Angeboten reicht das Engagement einzelner Archive. Dabei wurde ein beträchtliches Know how aufgebaut und in der Wissensvermittlung zum Einsatz gebracht. Da dies eher punktuell und nicht selten doch im „Alleingang“ erfolgte, stellte sich sowohl Beratenden als auch Beratenen immer öfter die Frage, ob all die erworbene und in Einzelmaßnahmen zur Verfügung gestellte Expertise der Archive nicht auch an „zentraler(er) Stelle“, in gebündelter und übersichtlicher Form, zusammengefasst werden könnte. Wäre ein „Handbuch zur elektronischen Schriftgutverwaltung“ nicht geeignet, diese Bedürfnisse zu stillen?

Doch welche Form(en) sollte ein solches Handbuch annehmen? Wäre es mit einer „Neuauflage“ beziehungsweise der „Elektrifizierung“ des Klassikers „Behördlichen Schriftgutverwaltung“ von Heinz Hoffmann getan? Ein solches Projekt dürfte sich als äußerst zeit- und kostenintensiv erweisen und griffe aller Wahrscheinlichkeit nach trotzdem zu kurz: Im Jahr 2022 sind vermutlich doch andere Formen der Wissensaufbereitung und -vermittlung gefragt. In welcher Art und Weise wäre ein solches „Handbuch“ folglich zu erstellen und bereitzustellen? Wohl kaum mehr im Alleingang eines einzelnen Autors/einer Autorin. Aber wie dann? In Kooperation? Aber mit wem? Sollten Archive untereinander kooperieren? Und sollte dies archivspartenübergreifend geschehen? Oder wäre die Kooperation eines Archivs mit Teilen der „eigenen“ Verwaltung zu bevorzugen, etwa mit der IT, den Fortbildungseinrichtungen, den Ausbildungsstätten – namentlich für die öffentliche Verwaltung? Und bei wem läge die Koordination eines solchen Projektes?

Andererseits: Ist ein Einsatz von nicht unbeträchtlichen Ressourcen an dieser Stelle gerechtfertigt? Verheißt diese „harte Arbeit“ letztlich nicht (zu) „kargen Lohn“? Fände ein solches Werk überhaupt die Aufmerksamkeit der Rezipienten, auf deren Fortbildung es zielt? Ist also, mit anderen Worten, der Gedanke eines übergreifend konzipierten, in welcher Hinsicht auch immer „einheitlichen“ Handbuchs – auch oder gerade in digitaler Form – inzwischen überhaupt noch zeitgemäß? Oder nicht vielmehr obsolet?

 

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